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Eines Tages während meiner Grundschulzeit (74-78) läuft im Radio eine Sendung, in der unter anderem über die Titelbilder des Stern diskutiert wird. Ich erinnere mich nicht, ob der Begriff Sexismus Verwendung fand. Ich erinnere mich, dass Mama vorher sagte, dass sie es hören wollte, und dass das Papa unangenehm war, er wirkte bedrängt, wollte sie aber auch nicht abhalten. Ich meine mich zu erinnern, dass ich nicht mithören sollte, bin mir aber nicht sicher. Sicher bin ich mir, dass ich die Sendung zumindest teilweise allein höre.
Die Interviewerin fragt den Stern-(Redakteur?) sinngemäß, warum der Stern, der ein Nachrichtenmagazin sein will, zum Thema Urlaub als Titel die Großaufnahme eines Frauenhinterns im knappen Bikini zeigt, obwohl dies nicht das typische Urlaubserlebnis des Lesers darstellt. Der Stern antwortet, das würden die Leute gerne sehen, das sei ansprechend und würde die Leute dazu animieren, das Magazin zu kaufen. Mich beschäftigt das, weil ich diese Titelbilder immer am Eingang zum Kramladen im Aufsteller sehe, und da immer heimlich hingucken muss, ohne zu wissen, warum eigentlich. Die Interviewerin legt dar, dass das nur für Männer ansprechend sei, für Frauen eher unangenehm, da sie sich unwohl fühlen, wenn alle Männer um sie herum gerade an nackte Frauen denken müssen. Überdies sei das verlogen, weil das, was auf dem Titel lockt, im Artikel nicht geliefert wird. Und dass das ein Zeichen für schlechte Artikel sei, wenn mit Sex gelockt werden müsse. Der Stern weicht aus und findet sie kleinlich und lustfeindlich, Sex gehöre zum Leben und also käme er in Magazinen eben auch vor.
Obwohl die Interviewerin immer genervter wird davon dass er nicht auf Ihre Argumente eingeht, und er immer jovialer und selbstverständlicher im Tonfall, merke ich genau, wer recht hat. Vor allem nehme ich wahr, wie diese Frau, die ausdrücklich auch für andere Frauen spricht, sich durch seine Ignoranz angegriffen fühlt, ungerecht behandelt, und dass er keine echten Argumente vorbringen kann, die diese Titelbilder begründen können. Ich fühle aber auch, dass sich durch die Sendung nichts ändern wird. Und ich fühle mich als Teil von was Schlechtem, weil ich immer nach dem Aufsteller gucke.