Die aktuelle Situation:
überlieferte Probleme behindern die soziale Entwicklung:
- das Funktionieren wirtschaftlicher Prozesse hat sich im allgemeinen Verständnis zu hoher Priorität entwickelt. Die Angst vor materiellen Einbußen ist zum wichtigsten Kriterium vieler Entscheidungen geworden und behindert das Bekenntnis zu Grundwerten und die Einsicht in systemische, zB ökologische Notwendigkeiten.
- Gemeinschaften, denen Menschen sich zurechnen, definieren sich über Abgrenzung zu anderen, globales Bewusstsein ist die Ausnahme.
- Das Bedürfnis nach Abgrenzung fraktioniert vorhandene Gesellschaften und Gemeinschaften weiter.
- Machterhalt befeuert und zementiert vorhandene Konflikte. Weltsichten, die auf dem 2-Klassen-Modell beruhen, dass bestimmte Menschen besser oder schlechter seien als andere, sind entgegen aller rationalen Erkenntnisse immer noch verbreitet im Umlauf.
- viele Impulse von Wut, Hass und Angst in unserer Gesellschaft stammen aus Überlieferungen (vererbtes Lebensgefühl).
- Abwertung als Machtinstrument ist trotz aller soziologischen Erkenntnisse immer noch überall in Gebrauch.
- Im Kampf um Machterhalt wird Veränderung zu Schwäche uminterpretiert, Starrsinnigkeit und Fatalismus glorifiziert.
verschiedene Strömungen in Gesellschaften:
kulturelle Strömungen, die für soziale oder ökologische Gerechtigkeit eintreten, nehmen seit den 1960ern zu und kommen allmählich in der Mitte der Gesellschaft an, sind aber in viele Lager gespalten, die zwar themenweise zusammenarbeiten können, aber sich sozial gegeneinander deutlich abgrenzen. Traditionelle Unarten jeden Typs finden sich oft wenig seltener als im Rest der Gesellschaft, da sie immer mitgebracht werden und erst durch Kritik und Auseinandersetzung abgebaut werden müssen. Dies erfordert persönliche Arbeit der einzelnen an sich selbst und für die Gemeinschaft. Die gewonnenen Erfahrungen sind meist nicht übertragbar. Dadurch braucht die Verbreitung bewährter Modelle des Zusammenlebens sehr viel Zeit.
parallel hat sich zu Beginn des Jahrtausends eine neue Strömung gebildet, die gesellschaftliche Veränderung bremsen und umkehren möchte, motiviert vor allem durch nostalgische Romantisierung der Vergangenheit und Angst um eigene Privilegien. Da hier meistenteils faktenfern, oft auch mit gezielter Falschinformation gearbeitet wird, bezeichne ich diese Bewegung oder Haltung als "postfaktische" Bewegung/ Haltung. Aller Falschheit und Durchschaubarkeit zum Trotz erfährt die Strömung viel Zulauf, so dass ihre gesellschaftliche Ächtung langsam einer nicht inhaltlichen, aber gesellschaftlich-faktischen Akzeptanz weicht. ("Die sind nun mal auch da").
Die Mehrheit der Bevölkerung, die noch vor 30 Jahren Politik als was für Fachleute und Parteien als Geschmackssache wie Erdbeer oder Kirsch sah, sieht sich dem neuen Aufkommen unvereinbarer Inhalte hilflos gegenüber, da sie nicht darauf vorbereitet wurden, eigene Entscheidungen zu treffen, ohne sich nach oben abzusichern. Während nun manche erstmals ihre persönliche globale Mitverantwortung wahrnehmen oder ablehnen, verbleibt die abschmelzende Mehrheit unentschlossen im Unglauben an die Notwendigkeit von Veränderung und in Angst vor persönlichen Einbußen.