Was folgt aus all dem?
Wie gehen wir am besten mit der Situation um?
Für mein Verständnis folgt aus der psychologischen Struktur des Menschen, die ich laienhaft unter "Weltsicht" beschrieben habe, dass wir alle Teil einer Gemeinschaft sein wollen. Auch folgt aus ihr, wie wir das bewerkstelligen, nämlich durch Selbstoffenbarung, Auseinandersetzung, Akzeptanz/Toleranz und Solidarisierung. Wir vollführen diesen Prozess täglich mit den Menschen, die uns nahestehen.
Bislang sehen sich fast alle Gemeinschaften als abgeschlossene Gebilde, die in Beziehung zu anderen, aber nicht allen anderen Gemeinschaften stehen. Daher wird Gemeinschaft lokal und inhaltlich begrenzt definiert, und kann globale Verantwortung von sich weisen. Ziel sollte aber sein, als einzelne*r die anteilige globale Verantwortung wahrnehmen zu können, sowohl im Sinne von spüren/bemerken, als auch im Sinne von übernehmen/verantworten.
Um das zu erreichen, müssten wir nur unseren Begriff von Gemeinschaft auf die Weltbevölkerung ausdehnen, nicht nur die menschliche, sondern die aller Arten. Wir sind eine globale Gemeinschaft, atmen alle dieselbe Luft. Das sollten wir uns bewusst machen.
So einfach das hier hinzuschreiben ist, so uferlos scheint das Unterfangen auf den ersten Blick. Jedoch ist es nicht so sehr kompliziert, da alle Gemeinschaften gleich funktionieren. Klar erkannte Prinzipien lassen sich überall anwenden:
- Angst soll uns vor Verletzung schützen, wenn sie sich verselbständigt, beginnt sie uns einzusperren. Ich hinterfrage meine Angst, und versuche sie zu überwinden.
- Wut soll uns Raum und Recht verschaffen, wenn sie sich verselbständigt, kann sie verheerende Verwüstungen in sozialen Strukturen anrichten. Ich hinterfrage meine Wut, und versuche, sie zu kommunizieren, um Verständnis zu erlangen, das die Wut abschmelzen kann.
- Ich gehe fest davon aus, dass jedes Wesen für sein Verhalten nachvollziehbare Motive hat, unklar ist nur, ob ich die Perspektive einnehmen kann, diese Motive auch nachzuvollziehen.
- In allen Beziehungen und sozialen Strukturen kommt immer das Glück aus Geborgenheit und Gemeinschaftsgefühl, das Unglück kommt durch Wut und Angst, daher setzen Wut und Angst die Grenzen für Liebe, Gemeinschaft und Glück.
Soweit scheint es vom Prinzip her einfach, die Richtung ist klar, nur die Umsetzung muss geübt werden. Leider gibt es Ausnahmen. Die wichtigste Ausnahme ist die Weigerung. Wenn zB über ein Ereignis keine gemeinsame Sicht hergestellt werden kann, weill trotz aller Versuche, sich vertrauensvoll mitzuteilen, die Faktenlage nicht einheitlich beschrieben werden kann, oder wenn eine Person sich zB einfach weigert, offensichtliche Sachverhalte zu akzeptieren, so ist die angestrebte Einigung/Akzeptanz/Toleranz nicht mehr möglich, und es kann keine Gemeinschaft mehr hergestellt werden. In diesem Fall würde ein weiteres Versuchen von Annäherung und Kompromissbereitschaft zur Selbstentfremdung oder gar Selbstaufgabe führen, die Kommunikation muss zum Selbsterhalt beendet werden. WICHTIG ist in diesem Fall jedoch, zu erkennen, dass ein Festhalten am Anspruch der Einigung (nicht erfüllbarer Anspruch)eine Wut erzeugt, die weiter wirkt, unabhängig von Sinn und Erfolgsaussicht. Diese Wut kann nicht mehr abgebaut werden, da Verständnis und Auseinandersetzung nicht erzielt werden können, und entfaltet eine zerstörerische Wirkung, die das Individuum pychisch belastet und langfristig schädigt. Es bleibt also nur eine Möglichkeit, der Anspruch auf Einigung muss aufgegeben werden. Hierbei ist hilfreich, sich klarzumachen, dass auch die andere Person, mit der ich mir nicht einig werde, ihre aus ihrer Sicht richtigen Motive hat, aber eben zu weit weg ist, um zueinander zu kommen. Ich gehe andere Wege und versuche, keinen Groll zu hegen, indem ich mir vergegenwärtige, dass Menschsein vielseitiger ist, als eine einzelne Person erfassen kann, und hoffe, dass die Person sich in Zukunft vielleicht von anderen überzeugen lassen wird, die weniger weit weg sind. Das ist alles überhaupt nicht einfach, wird aber mit Übung leichter.