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Interaktion

Allgemein gesagt, versucht das Individuum, seine Bedürfnisse auf allen Ebenen zu befriedigen, und bevorzugt dabei die Methoden, die die befriedigendsten Erfahrungen liefern.
Das Mittel dafür ist Kommunikation, die stattfindet, wenn Informationen zwischen Individuen übertragen werden, also bei jeder Interaktion. Dadurch, dass unsere Wahrnehmung laufend das Verhalten anderer interpretiert, erhalten wir auch Informationen, wenn keine bewusst gesendet wurden. Kommunikation findet also immer statt, sowie ein Medium vorhanden ist, und zwar auf verschiedenen Ebenen gleichzeitig. Sprachliche und andere willkürliche Äußerungen ergänzen dabei nur die älteren, unwillkürlichen emotionalen Signale, die wir auf unbewusster Ebene verarbeiten und die auch jeder Hund versteht und sendet, sowie die rein physischen Signale wie Wuchs und Gesundheit. Die Stimmigkeit von unwillkürlichen und willkürlichen Signalen wird als Authentizität ("Ehrlichkeit") wahrgenommen.


die Interaktion des Individuums in der Gemeinschaft

Ein Individuum sucht die Nähe Gleichartiger und versucht, ihre räumliche Nähe zu erfahren, von ihnen Aufmerksamkeit und weitere soziale Werte zu beziehen. Dies ist nur erfolgreich, wenn die Interaktion vom jeweiligen Gegenüber oder einer Gruppe erwidert und aufrechterhalten wird.

Welches die richtige Strategie ist, um bei anderen Gehör und Stellung zu bekommen, lernen wir (unwillkürlich) als Kinder und Jugendliche. Im Erwachsenenalter ändern wir daran nur noch wenig, meist nur unter Leidensdruck (zB wenn sich unerwünschte Reaktionen häufen oder Grundbedürfnisse nicht befriedigt sind).

Um solche Strategien zu entwickeln oder auch nur anzuwenden, ist der erste Schritt, die Reaktion des Gegenübers oder der Gruppe auszuwerten und möglichst alle Reaktionen und Wertungen zu erfassen.
Uns ist angeboren, dass wir ab der Geburt lernen, alle Wahrnehmung, also erst Gerüche, dann Stimmlagen und Gesichtsausdrücke zu interpretieren und Ausdrücke durch Nachahmen anzueignen. Die Fähigkeit, die Verfassung oder Stimmung anderer anhand solcher Signale zu erkennen und zu beachten, heisst Empathie. Ihre Entwicklung ist entscheidend für die Kommunikationsfähigkeit.

Mit der Kommunikationsfähigkeit versucht das Individuum, Reaktionen zu provozieren, die einen sozialen Wert enthalten, also Gemeinsamkeit bekunden. Der Erfolg oder Misserfolg wird vom Individuum emotional als Schmerz oder Lust erlebt. Aus der Analyse der Erlebnisse ergeben sich Faktoren wie Verbundenheit(Liebe) durch Erfahrung von Gemeinschaft, Wut oder Angst durch Schmerz.

Von diesen Grundfaktoren geleitet, baut das Individuum einen Erfahrungsschatz auf, der für eine wachsende Zahl von Situationen Verhaltensmaßstäbe enthält, die sich in seinen bisherigen Gemeinschaften bewährt haben.

Dabei werden gemachte Erfahrungen nie vollständig entwertet, sondern nur durch nachfolgende relativiert. Wie Schalen legen sich neuere Erfahrungen über alte, im Erwachsenen leben die Gefühle des Kindes innen fort. Und nicht nur biografisch, auch evolutionsmäßig legen sich neue Schichten um alte herum, die erhalten bleiben. Das Gehirn aus Reptilienzeiten ist in unserem noch da, nur nicht mehr allein.

Bei sozial lebenden Säugetieren bilden sich gewisse Verhaltensgrundmuster, die von allen in der Gemeinschaft geteilt werden und als Regelwerk oder ungeschriebenes Gesetz bezeichnet werden könnten. In Gemeinschaften von zB Wölfen oder Erdmännchen lässt sich beobachten, dass zum Aufbau sozialer Strukturen kein sogenanntes abstraktes Denken erforderlich ist, sie entstehen auf emotionaler Ebene (Lust/Schmerz-Reaktion).

Weltbild und Religion

Diese normativen (Normen erstellenden, das Normale erstellenden) Funktionen, die den Erdmännchen wie uns sagen, was richtig und falsch ist, wurden von unserem mentalen Apparat in Sprache gefasst und durch Verknüpfung mit einer Erklärung der Welt, dem Weltbild, zur Religion weiterentwickelt. Unzählige Religionen wurden schon in Umlauf gebracht, die Anteile an Welterklärung und Verhaltensregeln sind sehr verschieden. Viele Menschen leben nach religiösen Regeln.

Unabhängig vom Weltbild entwickelt jedoch jedes in Gemeinschaft lebende Individuum normative Funktionen, nicht nur Erdmännchen. Dafür ist es auf die Individuen angewiesen, die erreichbar oder verfügbar sind, und die Verhalten vorleben können. Eine bewährte Regel ist also nicht zwingend immer richtig, sondern nur die bisher beste im Erfahrungsschatz. Da es verschiedene Erfahrungsschätze aus verschiedenen Lebenssituationen gibt und damit auch verschieden strukturierte Gemeinschaften, können Regeln aus verschiedenen Gemeinschaften sich widersprechen, was schwer gewichtet wird und leicht zu Konflikten führt.


Die Gemeinschaft im Individuum

Von Geburt an erleben wir Interaktion und sammeln Erfahrungen mit der Gemeinschaft. Dabei erleben wir verschiedene Individuen in verschiedenen Rollen, die uns entscheidende Erfahrungen in der frühen Lebensphase vermitteln. So entwickeln wir eine Vorstellung davon, wie und durch welche Rollen Gesellschaft funktioniert. Diese Rollen erwarten wir folglich nicht nur im Äußeren, sie bestimmen auch unser eigenes Verhalten, da wir bestimmte Rollen anstreben oder meiden. Dabei kann die erlebte Form des Zusammenlebens ein positives oder negatives Leitbild sein.

Die Ansicht eines Individuums darüber, welche Rollen in einer Gesellschaft wichtig sind und welche nicht oder verpöhnt, bestimmt den Beitrag des Individuums zur sozialen Struktur, die Rolle die es versucht einzunehmen und die Richtung in der es allgemein auf die Gemeinschaft einwirkt. Diese Ansichten lassen sich als inneres Spiegelbild der sozialen Welt betrachten, so wie das Weltbild das innere Spiegelbild der erlebten Welt ist. Dieses Bild der sozialen Welt, das unsere Erfahrung und unseren Wandel von Geburt an darstellt, ist die Grundlage, auf der wir unsere Ich-Definition, unsere soziale Rolle aufbauen. Es kann immer modifiziert werden, aber die unumstößlichen Teile nehmen mit der Zeit zu. Was nicht mit unserem Bild der Gemeinschaft vereinbar ist, halten wir bei uns selbst für unmöglich und akzeptieren wir nicht bei anderen. Die Zerstörung dieses Bildes löscht unsere Persönlichkeit aus("gebrochene Persönlichkeit"), Es muss ein neues Selbstbild errichtet werden.

Ich ziehe folgende Schlüsse:

- Um unsere soziale Rolle zu erfüllen und auszubauen, reproduzieren wir das soziale Umfeld, das wir gelernt haben, solange bis wir es hinterfragen und ändern können.

- Unser Erfahrungsschatz betriftt nicht nur unsere Person, sondern auch die Vorstellung davon, wie andere (die Gemeinschaft) sein sollten.

- Wut und Angst können das Lebensgefühl prägen und dadurch an folgende Generationen weitergegeben werden.