home

Wie Individuen sich zu anderen oder etwas stellen können

Alle Erfahrungen lassen sich dem "Lust oder Schmerz" -Prinzip zuordnen, das heißt, wir versuchen unangenehmes (Schmerz) zu vermeiden und angenehme Zustände zu erreichen und zu halten.
Der unerklärliche Vorgang, den wir heute Evolution nennen und der die folgenden Mechanismen geschaffen hat, arbeitet schon sehr lange. Gute Entwicklungen verbreiten sich, werden ausgebaut. Viele dieser Mechanismen haben wir mit zahlreichen Säugetierarten gemein.

Liebe

Liebe ist das Gefühl, mit etwas oder jemand glücklicher zu sein als ohne. Wir unterscheiden dabei verschiedenste Arten, aber die Unterschiede liegen in den anderen (ggf. sozialen) Bezügen, die auch mit dem "Objekt der Liebe" verknüpft sind. Wir lieben Menschen, Tiere, Orte, Tätigkeiten oder was immer uns das Gefühl gibt, das unser Leben schöner ist.

Liebe ist das ursprünglichste aller Leitmotive. Sehr früh schon können wir unterscheiden, was angenehm oder unangenehm ist und das vermitteln. Daher ist die Art, wie und was wir lieben, sehr tief in unseren Erfahrungsbaum integriert und wird als wesentlicher Teil der Persönlichkeit empfunden.
Oft werden aus dem, was wir als Liebe empfinden, Anspüche an das Verhalten anderer abgeleitet, diese resultieren aber aus eigenen Vorstellungen von sozialen Rollen, nicht aus Liebe. Das eigentliche Gefühl der Liebe beinhaltet Akzeptanz, und ist damit anspruchslos. Das, an was wir Ansprüche richten, akzeptieren wir nicht vollständig, nur unter Vorbehalt der Erfüllung.
Gleichwohl ist das Bedürfnis geliebt zu werden, ein zentraler Anspruch unseres Bewusstseins, der alle unsere Leitmotive prägt. Wir brauchen Freunde, Vertraute, ein Umfeld, Sex, körperliche (zB sportliche) Interaktion und viele andere Elemente, die uns das Gefühl dafür geben welchen Platz wir in unserer Gemeinschaft einnehmen und einnehmen können. Dafür entwickeln wir Strategien, deren Gelingen unser Anspruch auf Liebe ist. Wird unser Anspruch nicht erfüllt, entsteht Schmerz, der zu Wut wird.
In allen Gefühlslagen resultiert immer der lustvolle (schöne) Aspekt aus Liebe, der leidvolle Aspekt aus Schmerz, Wut oder Angst, die entstehen, wenn Ansprüche nicht erfüllt werden.

Wut

Wut ist die Erinnerung an Schmerz. Sie richtet sich gegen etwas oder jemand, mit dem wir etwas unangenehmes (Schmerz) verbinden. Die aus ihr entstehende Aggression führt im archaischeren Bereich zur Distanzierung, im kultivierteren Bereich zur Auseinandersetzung der beteiligten Individuen.
Damit ist Wut ein Motor sozialer Diversifizierung. Der Umgang mit ihr ist ein wichtiger Ausdruck von Kultiviertheit, also der Fähigkeit, archaische Impulse in einer gewissen Form abzuarbeiten, die allgemein bekannt und angenommen ist. Solche Formen nennen wir Konventionen.
Wut kann viele Formen annehmen, so ist Schuldgefühl die Wut auf sich selbst, nicht anspruchsgemäß zu sein. Neid, Verachtung, Eifersucht, alle mit Schmerz der Vergangenheit verbundenen Emotionen betrachte ich als Form der Wut. Dem Schmerz, der die Wut erzeugt, liegt immer ein Anspruch zugrunde. Die Prüfung, ob der Anspruch berechtigt und unverzichtbar ist, ist das beste Werkzeug im Umgang mit der eigenen Wut. So kann zB Unversehrtheit sicher als unverzichtbarer Anspruch gelten. Ergibt die Prüfung jedoch, dass ein Anspruch nicht berechtigt oder gar unerfüllbar ist, so wird die Wut erst verschwinden, wenn der Anspruch aufgegeben wurde. Dies bewusst zu erkennen, kann uns viel Zeit und Leid ersparen.

Angst

Angst ist die Erwartung von Schmerz. Unter Säugetieren sind unzählige Strategien zu beobachten, die auf ihr basieren. Auch wir Menschen nutzen (wie auch bei Wut) viele Strategien, die älter sind als unser Menschsein. Daher kann Angst (wie Wut auch) Kontrollinstanzen in uns aktivieren, die zB auf Säugetierniveau agieren, wo unser Verstand keine Steuerung hat. So kann sich Angst verselbständigen. (zB Starre bei Höhenangst)
In allen Kulturen gibt es Strategien, mit Angst umzugehen. Seit dem alten Preussen sehr verbreitet war der Rat, Angst einfach zu unterdrücken und zu ignorieren. Inzwischen sind verheerende Auswirkungen auf Körper und Psyche bekannt.
Ein bewährtes Vorgehen ist, zuerst vertrauten Rat einzuholen. Dies hilft bei der Einschätzung, wieviel reale Gefahr und wieviel persönliche Empfindung beteiligt sind. Steht der Entschluss, die Angst überwinden zu wollen, müssen wir unserem inneren Tier zeigen, dass die Situation beherrschbar ist. Daher sind Umsicht und Hilfe geeignet, die ersten Situationen auszuwählen und sicher zu meistern. Viele Ängste wie zum Beispiel Höhenangst, sind erwerbbar und besiegbar. Grundsätzlich ist jede Angst besiegbar, aber im konkreten Fall ist das Überwinden einer Angst das schwierigste, das von jemand verlangt werden kann.


Verantwortung

Unabdingbar für das Aufziehen von neuen Menschen ist das Übernehmen von Verantwortung durch eine erwachsene Person. Zuerst das Sichern von Ernährung und Gesundheit, später das Dirgieren von Absichten und Handlungen, das wir Erziehung nennen, sind essentieller Bestandteil unserer ersten Lebenserfahrungen. Mit der Tätigkeit oder Haltung der sorgenden Person, die Verantwortung übernimmt, ist hohes soziales Ansehen verbunden, steht sie doch für unverzichtbare soziale Leistung. Noch bevor wir erwachsen sind, lernen wir, selbst Verantwortung zu übernehmen, für uns selbst und auch anteilig für andere.

Das hohe Ansehen von Verantwortung führt dazu, dass Verantwortung ein begehrtes Gut ist, das um des sozialen Status willen angestrebt wird. Dadurch entsteht die Tendenz, für andere Verantwortung zu übernehmen, auch wenn dies nicht notwendig oder gewünscht ist, weil das als geleisteter Beitrag empfunden wird, auch wenn damit Verantwortung beansprucht wird, die eigentlich anderen zusteht. Besonders wo die Aufteilung der Verantwortung variabel, unscharf oder gar nicht definiert ist, versuchen Personen, möglichst viel Verantwortung zu erhalten. Die uns allen eigene intuitive Perspektive, dass das unter Kontrolle ist, was ICH unter Kontrolle habe, während das, was andere kontrollieren, unsicher ist, verstärkt bei vertrauensschwachen Persönlichkeiten leicht zB Bevormundung, Kontrollsucht oder Helfersyndrom.

Bei anderen Personen können negative Erfahrungen mit Verantwortung zu Angst vor Versagen, Konsequenzen und schlechtem Leumund dazu führen, dass Verantwortung gemieden, sogar abgelehnt wird. Vom Prinzip her entspricht das einer Weigerung, an der eigenen sozialen Struktur aktiv mitzubauen. Deshalb stehen verantwortungscheue Personen in sehr schlechtem Ansehen, was wiederum dazu führt, das Verantwortungscheuheit verborgen und kaschiert wird.

Verantwortung stellt die Personen einer Gemeinschaft in Struktur zueinander. Wie eine Gemeinschaft mit Verantwortung umgeht, entscheidet darüber, ob sie hierarchische, kollektive oder sonstige Strukturen bildet. Unser Umgang mit Verantwortung, den wir als Heranwachsende lernen und ausbilden, lässt uns solang unbewusst die Strukturen reproduzieren, die wir als real gelernt und unbewusst übernommen haben, bis wir sie selbst in Frage stellen und ändern.


Verbundenheit

Jeder Kontakt mit Mensch oder Tier, den wir erleben, hinterlässt einen Eindruck. Ist der Eindruck angenehm, möchten wir den Kontakt vertiefen. Beruht dies auf Gegenseitigkeit, ensteht eine Verbundenheit, die viel verschiedene Formen annehmen kann, vom Wissen, dass Futter kommt, über angenehme Nachbarschaft und Teamgeist und Anfreundung bis zur großen Liebe. Alle diese Beziehungen haben eine stabile Balance der gegenseitigen Ansprüche ausgebildet, die gegenseitige Akzeptanz ermöglicht. So kann ich zB mich mit meinem Nachbarn so lange gut verstehen, so lange wir nicht über Politik reden. Ein Anspruch auf gemeinsame Weltsicht, wenn erhoben aber nicht erfüllt, erzeugt so viel Wut (Ärger), dass die kleinen Annehmlichkeiten, die vorher das Verhältnis bestimmten, unwesentlich erscheinen, der Kontakt wird unangenehm und zerfällt. Ich kann daher (wenn ich das ahne) schon vorher auf den Anspruch verzichten, der die Beziehung belasten würde, um die angenehme Art des Kontakts nicht zu gefährden(nicht über Politik reden). Damit ist aber auch die Intensität des Kontakts begrenzt, eine Entwicklung gehemmt. Jede unserer Beziehungen (außer Mama ganz am Anfang) enthält solche Kompromisse. Sie bestimmen die Belastbarkeit unserer Beziehungen für jedes Thema einzeln und damit die Qualität unserer sozialen Vernetzung / Integration. Somit ist ein guter Ansatzpunkt, um eigene Beziehungen zu verbessern, die eigenen Ansprüche zu prüfen. Sie sind auch dafür zuständig, dass für jedes Thema, dass einen beschäftigt, ein Ansprechpartner gefunden werden kann. Zu viele Ansprüche führen zu Überlastung von Beziehungen, dadurch zu wenig Kontakten. Zu wenig Ansprüche führen zu Unverbindlichkeit und Beliebigkeit der Kontake, damit zu schwachen Kontakten. Verbundenheit entsteht somit durch erfüllte Ansprüche und ist begrenzt durch nicht erfüllbare.


Rivalität

In der Evolution wird Konkurrenz als Motor von Entwicklung angesehen. Die Konkurrenten vertreten unterschiedliche Strategien zur Bewältigung der selben Situation. Die Vielfalt der Arten zeigt, je verschiedener die Strategien, desto besser die Chancen für das Ganze im Fall von Veränderungen.
Für die Konkurrenten wird der Verlust eigener(beanspruchter) Resourcen (zB soziale Stellung) als Schmerz erlebt, Wut entlädt sich in Konflikten, die ggf. Gruppen spalten, die dann verschiedene Wege gehen (versch. Strategien).
Rivaltiät ist Hauptursache von Konflikten in menschlichen Gemeinschaften. In der modernen Wirtschaft ist Rivalität der Motor von allem. Sie wird in vielen Zweckgemeinschaften(zB Belegschaften, Vereine) als Druckmittel zur Motivation eingesetzt. Die hierarchische Denkweise, Fähigkeiten verschiedener Individuen ließen sich auf einer Skala vergleichen, wird hier zum Erzeugen von Druck verwendet, der zB die Effizienz der Ausbeutung erhöht(zB Ranking-Systeme am Arbeitsplatz). Verleugnet wird dabei das Prinzip der Diversität, bei dem Fähigkeiten verschiedener Indiviuen grundsätzlich verschieden sind und sich ergänzen müssen, um ein Ganzes zu ergeben.


Loyalität

Als Urmechanismus auf tierischer Ebene ist Loyalität seit Anfang der Kultur die treibende Kraft bei sozialer Entwicklung. Sich loyal zu etwas oder jemand zu verhalten, also für etwas oder jemand einzustehen, ist eine Entscheidung auf emotionaler Ebene. Da sie auf Vertrauen basiert, entsteht und wächst sie mit den Erfahrungen, die wir damit machen. Anders als bei mentalen Entscheidungen (zB Schachzug) entscheiden wir aber nicht nach Logik, sondern nach Zugehörigkeit. Wir entscheiden, in welchem Rudel wir weiter mit dabei sein wollen.
Auf Ihr basiert auch die

Gruppenzugehörigkeit

Zur Loyalität zu Personen und Gruppen wie Familie ist die Loyalität zu Vorstellungen gekommen, die unser Bild der Gesellschaft, wie sie sein sollte, wiedergeben, Ideen und Ideale. Das können Religion und Politik, lokale oder familäre Traditionen, reale Leitbilder aus der Gesellschaft oder virtuelle Leitbilder kultureller Entstehung, "Helden" (Sagen, Märchen, Bücher, Filme etc) sein, sie alle mischen sich im Menschen zu dem, was wir Überzeugung oder politsche Haltung nennen. Ihr Anteil an der Selbstdefinition kann erheblich sein, auch übermächtig werden. Die Persönlichkeit verschreibt sich dann vollständig der Idee, in der sie aufgeht, zB als Priester, Soldat oder Märtyrer.

Diese gesellschaftlichen und politischen Strömungen formen das Leben ihrer Vertreter durch die Lebensweise, die aus den Ansichten resultiert. Dadurch entsteht ein spezifisches Lebensgefühl und Gruppengefühl, in das nun wieder Leute hineingeboren werden.

Es gibt unzählige Varianten von Lebensweise und Weltsicht. Welche wir zuerst erleben, prägt unsere Art, Dinge zu beurteilen und Beziehungen zu führen. Welcher wir angehören, entscheiden wir (wenn überhaupt) emotional, also unwillkürlich, nach Zugehörigkeitsgefühl, NICHT nach Logik, Vernunft oder Philosophie. Daher führen gesellschaftliche Strömungen (Lebensweisen, politische Bewegungen, lokale Kulturen) untereinander Beziehungen ähnlich wie Individuen. Alle diese Beziehungen werden von jedem Individuum im Inneren widergespiegelt und der internen Weltsicht hinzugefügt.


Repräsentanz

Menschen können für andere sprechen. Aus Loyalität, Empathie, oder anderen Gründen kann ein Individuum in Gedanken den Platz eines anderen einnehmen und seine Interessen vertreten. Dies ist logischer Bestandteil sozialer Strukturen wie Familien von Grund auf.
Da nicht nur Individuen, sondern auch Gruppen Beziehungen pflegen, können wir auch Gruppen repräsentieren, z.B. Vereine, Kollegien, Parteien, Religionen und vieles mehr. Ein Repräsentant ist erhöhter Aufmerksamkeit ausgesetzt, sein Erfolg oder Misserfolg wird auf die gesamte Gruppe projiziert.
Als einzige Konstellation eines Individuums zu einem anderen oder einer Gruppe enthält die Repräsentanz ein mentale Komponente und ist damit hauptsächlich Menschen vorbehalten.

Auseinandersetzung

Wenn ein Individuum das Verhalten eines anderen ablehnt, und darauf hinweist, so kann eine Verständigung über den Grund der Ablehnung und eine Positionierung des kritisierten Individuums erfolgen. Dies und die folgenden Verhandlungen nenne ich eine Auseinandersetzung. Sie ist immer inhaltlich, kann emotional zum Konflikt aufgeladen werden, muss aber nicht. Nach einer erfolgreichen Auseinandersetzung sind sich beide über die nachträgliche Bewertung einig geworden.
Auseinandersetzung ist die gewünschte Reaktion auf Kritik. Sie hat nichts mit Streit zu tun.

Konflikt

Wenn die Auseinandersetzung emotional zu sehr aufgeladen ist, setzen Handlungen ein, die ich jetzt mal als Distanzierungshandlungen bezeichnen möchte. Von kleinen Gesten oder leicht verändertem Ton bis zu roher Gewalt verfügen wir über ein breites Spektrum an Signalen, die sagen, ich bin nicht einverstanden. Aggression ist eine Emotion, also unwillkürlich. Sie sagt uns, das wir etwas nicht in unserem Rudel, in unserer Welt haben wollen. Wir können sie unterdrücken, also auf mentaler Ebene ignorieren, aber unsere unwillkürlichen Funktionen wie Haltung und Tonfall zeigen sie und lassen sich nur mit Übung kontrollieren. Lassen wir ihr freien Lauf, erschwert sie die Auseinandersetzung und Lösung des Konflikts, fördert seine Verschärfung. Abbauen lassen sich Konflikte nur durch Dialog, Wut will erklärt und akzeptiert werden, dann löst sie sich auf und Auseinandersetzung kann wieder stattfinden. Ablehnung lässt sich abbauen durch die Perspektive der Abgelehnten.


Krieg

Dass Krieg herrscht, bedeutet, es geht nicht mehr (wie im Konflikt) um die Sache, sondern nur noch um die Gegnerschaft, ums Gegeneinander ohne Rücksicht auf Verluste. Das Ziel ist die Vernichtung/Beseitigung des Gegners.

Frieden

Frieden heisst nicht nur, das kein Krieg ist. Schwelende Konflikte, die eine Gesellschaft (oder Familie) durchziehen, können das Lebensgefühl permanent im Konflikt-Modus halten. Frieden heisst, zu wissen, dass immer eine Einigung möglich ist. Das wir alles wie Menschen klären können, ohne Angst zu haben, dass aufeinander losgegangen wird.


Diese Liste ist unvollständig und ungenau.

Ein sozialer Kontakt (also irgendjemand bekanntes) stellt in der Regel viele dieser Konstellationen auf unterschiedlichen Ebenen dar. Jemand kann uns in einer Hinsicht angenehm, in anderer unangenehm sein. Wir bewerten jede Verbindung nach zahlreichen Aspekten wie bespielsweise persönlichem Eindruck, sozialem Einfluss, Kompetenzen, wirtschaftlichen Faktoren, Alltagsgegebenheiten oder Zugehörigkeit zu Gruppen. Die Kombination dieser Bewertungen sagt uns dann, welche Haltung wir in dieser Verbindung einnehmen.

Ich ziehe folgende Schlüsse:

- durch die Konstellationen, die wir in unserem sozialen Netzwerk einnehmen, bestimmen wir die soziale Struktur um uns herum mit.

- durch die Positionierung unseres sozialen Netzwerks im Gesamtnetz Menschheit ist uns eine Startposition gegeben, die wir uns nicht aussuchen können.